Die Ausstellung erforschte Chicagos Geschichte der Produktion, Anerkennung und Akzeptanz der Kunst gesellschaftlicher Außenseiter und Autodidakten. Die Überblicksschau präsentierte über 80 Werke von 10 Chicagoer Künstlern aus 30 Sammlungen in den USA.
Gezeigt wurden Gemälde, Zeichnungen, Collagen und bildhauerische Werke von Henry Darger (1892-1973), William Dawson (1901-1990), Lee Godie (1908-1994), Mr. Imagination (1948-2012), Aldobrando Piacenza (1888-1976), Pauline Simon (1894-1976), Drossos Skyllas (1912-1973), Dr. Charles Smith (1940- ), Wesley Willis (1963-2003), Joseph Elmer Yoakum (1890-1972).
Die in den Werken behandelten Themen sind Ausdruck des heftigen Widerstands gegen seelenzerstörende Zustände, gegen herkömmliche Schönheitsideale und vieles dazwischen. – Die Künstler bringen eine imaginäre Phantasiewelt mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln des künstlerischen Ausdrucks zur Darstellung, denn für die Phantasie und den Traum, aber auch für Halluzinationen und Wahngedanken gelten andere Regeln als für das realitätsbezogene rationale Denken. Charakteristisch für die meisten Werke ist die Unabhängigkeit ihrer Entstehung und die Losgelöstheit ihrer Schöpfer von jeder Art des Akademismus: Häufig ohne Kenntnis künstlerischer Techniken und abseits der kunsthistorischen Tradition entwickelten sich in Chicago autonome, höchst individuelle künstlerische Ausprägungen, die sich in eindrucksvollen Bildwerken manifestieren. Immer wieder drückt sich in den Werken der zehn Künstler die Wechselwirkung zwischen Natur und Kultur aus, zwischen hohem künstlerischem Anspruch und „naiven“ Formen der Volkskunst. Die künstlerische Beschäftigung mit Farbe, Form und Linie wird so auch zu einer Überlebensstrategie. – Die starke Faszination, die von vielen dieser Werke ausgeht, rührt von der Unmittelbarkeit des bildnerisch Ausgedrückten her. Ziel der Ausstellung ist es, das hohe gestalterische Niveau von gesellschaftlichen Außenseiter und Autodidakten zu vermitteln und die Werke aus dieser Produktion aus der Randnische herauszuholen, die ihr bis heute noch weitgehend zugewiesen wird.
Mit der Ausstellung GEGEN DEN STRICH: Chicago Calling – Amerikanische Außenseiterkunst präsentierte das Kunsthaus Kaufbeuren bereits zum zweiten Mal eine Ausstellung zum Thema Außenseiterkunst. Unter dem Titel Kunst und Stigma – Grenzgänger zwischen Zwang und Freiheit widmete sich zwischen November 2015 und Februar 2016 eine Überblicksschau mit über 100 Werken der Außenseiterkunst in Deutschland. Gezeigt wurden Werke aus dem frühen 20. Jahrhundert aus der Heidelberger Sammlung Prinzhorn bis hin zu Werken aus den 1990er Jahren, geschaffen von herausragenden Talenten der Außenseiterkunst wie Dietrich Orth (1956- ), Wolfgang Hueber (1950-2008), Simone Stingele (1963-2009) oder Laurie Berner (1963-1998). – Zur Ausstellung erschien ein reich bebilderter Katalog mit profunden Experten-Aufsätzen.
GEGEN DEN STRICH: Chicago Calling – Amerikanische Außenseiterkunst wurde organisiert von Intuit: The Center for Intuitive and Outsider Art in Chicago, das sich der internationalen Präsentation und Vermittlung von Außenseiterkunst verschrieben hat. Konzipiert wurde die Ausstellung von Kenneth Burkhart und Lisa Stone. Die Ausstellung und ihre internationale Tournee durch Europa werden von der Terra Foundation for American Art im Rahmen der Initiative Art Design Chicago unterstützt, die gemeinsam mit der Richard H. Driehaus Foundation das reiche Erbe Chicagos als Kunst- und Designstadt erforscht.
Als historisch-kontextuellen Annex zur Ausstellung zeigte das Kunsthaus Kaufbeuren unter dem Titel BAZAAR BIZARRE: Chicagos Wunderkammer eine Sonderschau mit rund 70 Kuriositäten, darunter skurrile ‚objets trouvés‘ ebenso wie wunderlich-originelle Bilder und Plastiken. Sie zeugen von dem ebenso eigenständigen wie höchst exzentrischen gestalterischen Potenzial ihrer weitgehend unbekannten Schöpfer. Die ‚Ready-mades‘ und Werkschöpfungen erzählen von Chicagos Sammlungsgeschichte als eines der bedeutendsten Zentren der amerikanischen Außenseiterkunst. – Die Auswahl der Bilder und Objekte wurde von dem Chicagoer Sammler und Autor William Swislow zusammengestellt.
Bis Anfang August 2019 waren beide Ausstellungen im Museum La Halle Saint Pierre in Paris zu sehen, bevor sie am 10. Oktober 2019 im Kunsthaus Kaufbeuren eröffnet werden. Die Kuration der Ausstellungen im Kunsthaus Kaufbeuren oblag Jan T. Wilms, Direktor des Museums. Nach der Kaufbeurer Station in Süddeutschland wanderte die Gesamtschau in die Schweiz, nach Lausanne und wurde dort zwischen März und August 2020 in der Collection de l’Art Brut präsentiert. Als letzte Station war zwischen September 2020 und März 2021 das Outsider Art Museum in Amsterdam, Niederlande, vorgesehen.